Börsen-Grundlagen: Rationale Märkte & Trading

Provokanter Nobelpreis

Die Markt-Effizienz-Hypothese gilt als die Grundlage der akademischen Lehre über die Finanzmärkte.

Eugene Fama ist ein amerikanischer Ökonom aus Chicago. Den meisten wird er kein Begriff sein, aber in jüngster Zeit viel ein Schlaglicht auf diesen Mann, weil er den Nobelpreis für Wirtschaft bekommen hat. An sich nichts Ungewöhnliches, schließlich werden diese Auszeichnungen jedes Jahr vergeben. In diesem Fall war die Entscheidung der Jury allerdings provokant. Wieso das?

Provokant, weil zwei Forscher aufgrund gleicher Daten zu zwei konträren Kernaussagen gelangt sind und beide dafür ausgezeichnet wurden. Noch etwas provokanter wirkt der Preis für Eugene Fama. Dieser Mann gilt als Erfinder der Therorie von den effizienten Finanzmärkten und behauptet – nach den Erfahrungen mit der Finanzkrise von 2008 – weiterhin, die Finanzmärkte seien rational. Bei vielen Menschen löste das nur Kopfschütteln aus.

Sein geistiger Kontrahent, der Verhaltensökonom Robert Shiller, bekam -platt ausgedrückt- seinen Nobelpreis für die gegenteilige Behauptung.

Nachdem ich ein Interview mit Fama genau studiert hatte, kam ich zu einer -für mich- überraschenden Erkenntnis. Welche das ist, wirst du gleich in diesem Blogpost erfahren.

Die These der rationalen Finanzmärkte hielt mich fast vom Start meiner Tradinglaufbahn ab

Am Start meiner Tradinglaufbahn, war genau die Sichtweise die Märkte seien rational und keiner kann den Markt langfristig schlagen, ein Grund für meine anfängliche Skepsis gegenüber dem aktiven Trading. Schließlich war ich auf dem Stand eines Studenten, der bis dahin keinerlei nennenswerte eigene Erfahrungen an den Märkten gesammelt hatte.

Selbst ein bekannter Vermögensverwalter meinte damals in einem Telefongespräch zu mir: “Achso, sie wollen ihr Geld lieber selbst verwalten und Daytrading betreiben. Können sie mir denn einen Day Trader nennen, der Millionär ist?”

Mit dieser Frage war ich zu dieser Zeit völlig überfordert. Heute hätte ich die passende Antwort parat und folgende Gegenfrage gestellt: “Wie groß ist wohl die Wahrscheinlichkeit, dass es nach nur einigen Jahren seitdem Daytrading für Privatleute überhaupt erst profitabel umsetzbar geworden ist, bereits Millionäre durch Online-Trading geben wird?

Und das, lieber Herr Vermögensverwalter, vor dem Hintergrund, dass die meisten Leute mit kleinem Konto anfangen müssen und die prozentuale Anzahl der Netto- Gewinner am Markt bei unter 20% liegt!

Es war wohl eine gezielte Masche des Vermögensverwalters an mein Geld zu kommen oder einfach Unwissenheit darüber, was Daytrading eigentlich darstellt. Ich glaube, in seinen Augen war Daytrading das regelmäßige Umschichten des eigenen Klein Erna Aktiendepots über die Hausbank.

 

Was die Märkte bewegt

Wie auch immer. Nach dem Durchlesen eines Interviews mit Eugene Fama in einer renomierten Zeitung, dachte ich: Hey, was ist denn das?

Dieser Mann gibt Sachen von sich, die eine große Deckungsgleichheit mit meinen eigenen Gedanken zu den Finanzmärkten aufweisen. Seine Kernthese ist grob ausgedrückt:

  • Preise an Finanzmärkten spiegeln stets alle verfügbaren Informationen wider und somit kann sich keiner, legal, einen Vorteil an der Börse sichern.

Grundsätzlich würde ich sagen, vollkommen richtig. Was sollen sie sonst widerspiegeln?

Die Frage ist nur, ob nicht noch andere Komponenten dazu beitragen, die Preise zu bewegen als nur die reine Information, welche neu eintrifft. Oft liegt im Leben die Wahrheit in der richtigen Mischung, sprich, irgendwo in der Mitte von zwei extremen Standpunkten (Shiller < > Fama).

Wo Menschen ihre Hände im Spiel haben – so wie an der Börse – sind zwangsläufig auch Emotionen involviert. Unsere Tradingpsychologie ist so konzipiert, dass jeder Mensch aufgrund seiner eigenen Realität agiert. Aufgebaut durch verschiedenste Überzeugungen im Laufe des Lebens.

Natürlich kann allein schon dadurch ein und das gleiche Ereignis, oder Information, zu anderen Entscheidungen führen. Rationalität ist also auch in gewissem Maße relativ zu sehen und ebenfalls abhängig von den Zielsetzungen eines Individuums.

Vor allem, wenn es hektisch wird, ist es die Angst in all seinen Ausprägungen, welche kurzzeitig unsere Entscheidungsfindung an der Börse beeinflusst. Doch auch Entscheidungen die weit in die Zukunft reichen, können von diesem starken Gefühl beeinflusst werden, wenn auch nicht so massiv, da der Mensch dazu neigt, kurz bevorstehende bzw akute Ereignisse höher zu bewerten.

Dennoch bin ich davon überzeugt: Langfristige Durchschnittskurse an den Börsen geben in der Tat ziemlich genau das tatsächlich angemessene Preisniveau der Wertpapiere wieder. Mit anderen Worten: Ihren, rational gesehen, angemessenen Preis.

Eugene Fama’s Kernthesen liegen nicht mit Erfolg beim Traden überkreutz

Fama selbst leugnet nicht das Vorhandensein von Preistrends.

‘FAS’ Die Weltverbesserer Folge 54

Wieso auch? Trends entstehen in den Märkten ständig neu – jeder kann es täglich sehen.

Wodurch entstehen diese Trends?

Kurzfristige Extrembewegungen sind sicher durch emotional getriebene Entscheidungen verstärkt. Solide Trends, werden jedoch auch aufgrund der Aktionen von Marktteilnehmern ausgelöst, welche gut überlegt sind.

Sobald den Marktakteuren neue Informationen zur Verfügung stehen – wie auch immer diese aussehen – werden diese natürlich sofort verarbeitet und die ursprüngliche Markteinschätzung angepaßt. Dies mündet in einer Veränderung von Angebot und Nachfrage. Oft agieren große Geldpools in ihren Anlageentscheidungen untereinander ähnlich. Daher kann durchaus großes Kaufinteresse, eine Zeit lang -zu den aktuellen Preisen- auf geringes Angebot treffen und die Kurse trenden nach oben, bis die Neupositionierungen abgeschloßen sind, oder wieder neu vorhandene Informationen zu einer weiteren Anpassung der Einschätzung der Marktteilnehmer führen (revidierte Prognosen). 

Im Zusammenhang mit der Trefferquote eines Tradingsystems ist letztgenannter Punkt sehr wichtig zu verstehen.

 

Fama glaubt, Kursprognosen an der Börse sind Glückssache und sogenanntes Stock Picking bringt keinen Vorteil. Er plädiert dafür, den gesamten Markt zu kaufen. Er sagt zudem: Überlege wieviel Risiko du eingehen willst. Es ist nämlich so, dass man für mehr Risiko langfristig besser entlohnt wird.

‘FAS’ Die Weltverbesserer Folge 54

Aus diesem Grund agiert er bei seinen eignenen Anlageentscheidungen auch recht risikofreudig. Bei all diesen Behauptungen kann ich Fama nur zustimmen.

Quintessenz: Bei genauerem Studium von Fama’s Gedankengängen wird klar, seine Ausführungen zum Wesen der Finanzmärkte schließen lustigerweise eine Outperformance als aktiver Trader nicht aus. Famas Thesen besagen lediglich, dass exakte Kursprognosen an der Börse nicht möglich sind. Wer diesen Blog schon lange verfolgt, der weiss, außerordentliche Tradinggewinne werden nicht durch genaue Preisvorhersagen (Trefferquote) erzielt.

Famas Theorie kommt überraschenderweise meiner eigenen Tradingphilosophie nicht wirklich in die Quere. Es reichen nämlich:

  1. das Vorhandensein von Trends,

   2. erhöhte Risikobereitschaft, sowie

   3. das clevere Nutzen von Zusatzinformationen nach dem Markteinstieg aus,

…um als Einzelperson langfristig besser als der Marktdurchschnitt abschneiden zu können.

Der Durschnittsinvestor sollte nicht aktiv handeln und besser den Markt nachbilden

Ein kleiner Tipp  für alle  die glauben eine Outpertformance an der Börsewäre reine Glückssache: Der gemeine Kleinanleger fährt tatsächlich besser, wenn er den Gesamtmarkt kauft.

Zusätzlich spart er dadurch gleich mehrfach Kosten. Einmal für den Fondsmanager, der nachgewiesenermaßen in den meisten Fällen keine besseren Anlageentscheidungen als seine Kunden trifft, und zum anderen Transaktionskosten.

Professionell betriebenes Trading hingegen, produziert eine Outperformance schon aufgrund des größeren Hebels, welcher durch den Handel über Margin-Konten zwangsläufig vorhanden ist. Der spekulative Trader trägt zwischenzeitlich technisch ein erhöhtes Risiko gegenüber dem normalen Privatanleger und sollte deshalb auch eine bessere Rendite erwarten können.

Ebenso trägt die gesteigerte Anzahl der Tradingchancen zur besseren Rendite von aktiven Tradern gegenüber Durschnittsinvestorn bei. Mathematisch sollte das wiederum durch das Eingehen von erhöhten kummulierten Risiken erklärbar sein.

Große Institutionen repräsentieren den Markt und damit die Benchmark

Es ist wichtig zu wissen: Je mehr Geld verwaltet wird desto schwieriger wird eine klare Überrendite zur Benchmark. Die Hauptursachen dafür sind auch technisch bedingt.

Einmal sind viele große Fonds rechtlich in ihrem Handlungsspielraum an der Börse eingeschränkt (per Gesetz). Zusätzlich sind sie meistens auch noch durch interne Unternehmensvorgaben geknebelt. Auch führt die Art der Verdienstberechnung vieler Fondsmanager zu einem Heerdenverhalten großer Geldpools, weil sie es sich nicht leisten können schlechter als die Konkurrenz abzuschneiden. Schon diese Ausgangslage macht es unwahrscheinlich, dass die großen Geldverwalter jederzeit – objektiv (soweit es das überhaupt gibt) rationale Entscheidungen treffen.

Als kleiner privater Trader unterliegst du keinen Zwängen – du hast maximale Flexibilität und kannst es dir – ohne Probleme zu bekommen – leisten keine Position im Markt zu beziehen, wenn du es für nicht angebracht hältst. Ein Riesenvorteil für uns!

Große Positionen – zum Beispiel durch Pyramidisieren aufgebaut – können außerdem nicht mehr einfach so ohne Probleme im Markt untergebracht bzw aufgelöst werden. Dies ist ein weiterer, technischer Faktor, der die Flexibilität großer Institutionen zusätzlich dämpft und einer Outperformance entgegenwirkt. Geldpools müssen dadurch schlechtere Preise für Ein- und Ausstieg akzeptieren. Ihr Chance Risiko Verhältnis sinkt deutlich.

Diese großen Geldpools repräsentieren die Mehrheit der Privatanleger und stellen praktisch den Marktdurchschnitt dar.

Ein weiser Spruch besagt: Wenn du das tust, was alle tun, wirst du genau das bekommen was alle bekommen. Willst du eine Outperformance erreichen, musst du dich in deinem Verhalten aus der Masse herausstellen. Tust du das, gibt es zwei mögliche Szenarien: Entweder du schneidest besser ab, als die meisten anderen. Oder aber, und das ist die Gefahr dabei, dein Ergebnis fällt sogar schlechter aus.

Schlussglocke

Fakt ist: Als Trader stellst du dich naturgemäß aus der Masse der Börsenteilnehmer heraus. Du nimmst mehr Risiko auf dich, tradest alle Richtungen, musst nicht investiert sein und verwendest andere Herangehensweisen beim Risikomanagment, als es der Ottonormalo Kleinanleger und Fonds tun. Als Trader bist du ein Wettspieler und kein Investor.

Technisch entscheidender Hauptfaktor für eine Outperformance an der Börse ist und bleibt die Risikobereitschaft des einzelnen Marktteilnehmers. Derjenige, der weiss was er tut, und bereit dazu ist, ein erhöhtes Risiko auf sich zu nehmen und es versteht dieses in jeder Marktsituation angemessen zu managen, hat sehr gute Chancen langfristig eine überdurchschnittliche Rendite zu erzielen. Fama’s Sichtweise der rationalen Märkte, steht dem – zumindest pseudowissenschaftlich betrachtet – grundsätzlich nicht entgegen.

  • “Technisch entscheidender Hauptfaktor für eine Outperformance an der Börse ist und bleibt die Risikobereitschaft des einzelnen Marktteilnehmers. ”
    Die Frage ist, was (absolute) Outperformance bei entsprechend höherem Risiko für einen Vorteil hat? Das geht viel einfacher, indem man einfach seinen Aktienanteil erhöht oder riskantere Aktien allokiert. Dazu ist kein aufreibendes Daytrading erforderlich, sondern auch nur Buy and Hold von mehr Risiko. Das ist klarerweise völlig konform mit Fama, trivial und hat weder Vor- noch Nachteile. Erst wenn du es schaffst, risikoadjustierte Outperformance zu erzielen, schaffst du echten Mehrwert, der zusätzlichen Aufwand lohnt. Insofern stimmt es, dass du das nur pseudowissenschaftlich betrachtest. Bringt halt nur leider keinen Mehrwert. Fragt sich also, wozu das ganze?

    • Hallo und danke für dein Feedback!

      Ob Daytrading sinnvoll ist, hängt für mich von deinen Zielen und Präferenzen ab. Durch den Hebel hast du einfach mehr Möglichkeiten.

      Wenn ich lediglich vom relativen max Drawdown ausgehe, bin mir nicht sicher, ob eine Überrendite im aktiven Trading tatsächlich nur am erhöhten Risiko liegt (auch als Buy and Holder musst du mit Kontoschwankungen von 50% und mehr rechnen). Dazu müsste man zwei Systeme beider Stile über einen langen Zeitraum wissenschaftlich untersuchen, die Definition von Risiko auf einen praxisnahen gemeinsamen Nenner bringen und die RAP exakt bestimmen.

      Wahrscheinlich kommt die Überrendite eher durch den erhöhten Hebel zustande. Und natürlich der Tatsache, dass es beim Trading mehr lukrative Wettmöglichkeiten gibt.

      Den Artikel hätte man durchaus besser recherchieren und auf Mehrwert ausarbeiten können, da gebe ich dir Recht. Evtl werde ich den mal neu überarbeiten, da sich meine Kernthese mittlerweile etwas verschoben hat, wie du siehst.

      VG
      Ingmar