Wahrscheinlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Abgeltungssteuer auf irgendeine Art und Weise zurückgedreht werden wird.
Aber der Reihe nach…
Ein kleiner Tipp: Bei zwei Begriffen aus dem Steuerrecht-Fachchinesisch, solltest du als Trader hellhörig werden. Diese Begriffe sind Abgeltungssteuer und Finanztransaktionssteuer.
In diesem Blog-Post möchte ich etwas genauer auf die Grundlagen der sogenannten Abgeltungssteuer auf Kapitalgewinne eingehen. Der Grund: Es deutet sich ein erneuter Richtungswechsel in der Politik an und das verheißt oft nichts Gutes.
Wagen wir einen genaueren Blick …
Die Abgeltungssteuer in ihrer heutigen Form
Wenn bei uns von DER Abgeltungssteuer die Rede ist, ist umgangssprachlich die Kapitalertragssteuer gemeint.
Diese gibt es schon lange, jedoch wurde die Art der Erhebung zwischenzeitlich geändert. Vor dem Jahr 2009 mussten private Trader ihre Kapitalgewinne selbst in der Einkommensteuererklärung angeben und zu ihrem individuellen Steuersatz versteuern.
Seit 2009 sind die Banken/Broker dazu verpflichtet pauschal 25% Steueranteil auf Kursgewinne direkt einzubehalten. Damit ist die Kapitalertragssteuer abgegolten und Kapitaleinkünfte müssen – in den meisten Fällen – nicht erneut in der Einkommenssteuer angegeben werden (daher der Name).
In der Praxis kommen noch Kirchensteuer und Soli obendrauf.
Die effektive Steuerlast auf deine Tradinggewinne – wenn du ein gläubiger Vollzeit-Trader bist – überschreitet heute kaum die 28% Marke. In vielen Fällen liegt sie im Bereich von rund 26 bis 27%.
Vorteile der jetzigen Abgeltungssteuer:
- Du musst dich nicht um die Versteuerung deiner Tradinggewinne kümmern (wenn du einen Broker in Deutschland hast).
- Auch im schlechtesten Fall (hohes Einkommen/Gewinne), musst du so gut wie nie mehr als 28% deiner Tradinggewinne an den Staat abgeben.
Im Gegensatz zur Situation vor 2009, hat die Abgeltungssteuer in der Summe klare Vorteile gebracht.
Demnach gibt es auch keinen Grund sich als Trader zu beschweren.
Leider, leider darfst du die Rechnung nie ohne die Politiker machen.
Die Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge kommt unter Druck
Damit du ungefähr weißt, wieso die Politik an dieser – für uns Trader – guten Ausgangslage Änderungen vornehmen will, musst du wissen, weshalb es überhaupt zur Einführung der sogenannten Abgeltungssteuer gekommen ist.
In den Jahren nach 2005, war es das Ziel der Politik, Deutschland als Finanzstandort attraktiver zu machen.
Um abgewandertes Kapital zurückzulocken, senkten die verantwortlichen Politiker die Steuerlast auf Kapitaleinkünfte (nicht nur Kursgewinne). So erhoffte sich die Politik, Steuervermeider aus dem Ausland wieder nach Hause zu holen.
Kalkuliert wurde so: Durch die Maßnahme erhöhe sich das Steueraufkommen (weniger Steuerflucht), welches dann den niedrigeren Steuersatz überkompensiert.
Laut aktuellen Zahlen des Finanzministeriums, erwies sich diese Kalkulation als falsch.
Tatsächlich sanken die Einnahmen aus der Abgeltungssteuer sogar deutlich und sie liegen mittlerweile weit unterhalb des Niveaus, welches vor der Änderung der Steuersätze bei der Kapitalertragssteuer – nach altem Erhebungsverfahren – herrschte.
Es ist klar: Eine solche Situation ist für die Politik nicht hinnehmbar. Gerade in einer Zeit, in der die Schulden unaufhaltsam weiter wachsen.
Außerdem stand die Abgeltungssteuer schon bei ihrer Einführung in der Kritik, denn sie scheint die Reichen Leute gegenüber der hart arbeitenden Bevölkerung zu bevorzugen.
Ob fair oder nicht – für dich als Trader ist eines wichtig: Du musst wissen, was sich für deine finanzielle Situation ändert, wenn die Politik an ihren Schräubchen dreht.
Wenn die Abgeltungssteuer zurückgedreht wird
Es gibt bei diesem Szenario eine tolle und eine nicht so tolle Nachricht für dich als Trader.
Die tolle vorne weg: Solange du mit deinem Trading nicht mehr als rund 51.000 Euro an zu versteuernden Einnahmen pro Jahr generierst, kommst du nicht schlechter weg, als jetzt. Vorausgesetzt, du bist ein Vollzeit-Trader und hast keine weiteren Einnahmen, welche du in der Einkommenssteuer veranschlagen musst.
In diesem Fall ist dein Jahreseinkommen nicht hoch genug, damit es über die gesetzlich festgelegte Einkommenssteuer höher belastet werden kann, als jetzt durch die Abgeltungssteuer.
Das Problem ensteht, sobald dein persönlicher Einkommenssteuersatz über 25% liegt.
Logischerweise haben dann alle Trader höhere Steuern auf ihre Gewinne zu zahlen, die:
- mit einem großen Konto (ab 200k) handeln und eine Rendite von mehr als 25,5% p.a. machen,
- mit einem mittleren Konto (50k) traden und ihr Konto gut verdoppeln,
- teilzeit traden und durch ihren Hauptberuf (oder anderweitige Einnahmen) ein überdurchschnittliches Einkommen beziehen (zu versteuerndes Einkommen oberhalb von 51k).
Punkt eins und zwei betrifft nicht sehr viele von uns.
Anders sieht es mit Punkt drei aus. In dieser Situation befinden sich wohl einige private Trader. Gerade Alleinstehende mit Steuerklasse I trifft es.
Befindest du dich mit deinem zu versteuernden Einkommen, über der Schwelle von (53.666€) musst du für jeden Spekulationsgewinn aus Tradingaktivitäten deinen Spitzensteuersatz von 42% an den Staat abtreten.
Beispiel Rechnung mit jetziger Abgeltungssteuer
Zu versteuerndes Einkommen = 54k
Tradinggewinne: 20k davon 25% direkt von der Bank abgegolten = 5.000
Beispielrechnung mit zurückgedrehter Kapitalertragssteuer:
ZvEK = 54k
Tradinggewinne: 20k davon 42% über die EKS abführen = 8.400
Verschlechterung: 3.400 € respektive rund 68% Steuereröhung auf deine Tradinggewinne!
Schlussglocke
Die Abgeltungssteuer ist noch nicht abgeschafft und die genaue Ausgestaltung eines neuen Erhebungsverfahrens, für Steuern auf Kapitalerträge, steht längst nicht fest. Dieser Artikel antizipiert nur die potentiellen Konsequenzen einer aufkeimenden politischen Stimmung in Deutschland. Sei als Trader darauf vorbereitet, dass sich deine steuerlichen Rahmenbedingungen in Zukunft tendenziell verschlechtern werden. Die Politik wird versuchen an dein Geld als Trader zu kommen – egal wie. Entweder über eine Finanztransaktionssteuer, vielleicht aber auch durch die Abschaffung der Abgeltungssteuer, oder sogar beides.
P.S. Normalerweise sollten die Zahlen stimmen, aber ich bin kein Steuerfachangestellter. Fällt dir ein Fehler auf, zögere bitte nicht, nachzuhaken.
*Alle Berechnungen basieren auf Einzelveranlagung/Steuerklasse I